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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2010/155: Versicherungsgericht

A. meldete sich 1999 bei der Invalidenversicherung an und erhielt verschiedene Diagnosen, die zu unterschiedlichen Arbeitsfähigkeiten führten. Nach mehreren Anträgen und Gutachten wurde ihm schliesslich eine Viertelsrente zugesprochen, die jedoch nach einer Beschwerde widerrufen wurde. Es folgten weitere Abklärungen und eine Observation des Beschwerdeführers. Trotz unterschiedlicher Gutachten und Meinungen wurde die Rentenanspruch abgewiesen. Die Beschwerdegegnerin ordnete eine Observation an, die jedoch als unbegründet und unverhältnismässig angesehen wurde. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, die Verfugung aufgehoben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung des Rentenanspruchs zurückgewiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2010/155

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2010/155
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2010/155 vom 20.12.2011 (SG)
Datum:20.12.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 8 ATSG. Art. 28 IVG. Anspruch auf IV-Rente. Frage der Zulässigkeit einer Observation. Rückweisung zur weiteren Abklärung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2011, IV 2010/155).
Schlagwörter : IV-act; Arbeit; Observation; Arbeitsfähigkeit; Abklärung; Diagnose; Verfügung; Persönlichkeit; Person; Überwachung; Rente; Bericht; Persönlichkeitsstörung; Diagnosen; Beschwerdeführers; Quot; Gutachter; Beurteilung; Gesundheit; IV-Stelle; Psychiater; Situation; önnen
Rechtsnorm:Art. 13 BV ;Art. 16 ATSG ;Art. 36 BV ;Art. 43 ATSG ;Art. 44a ATSG ;Art. 7 ATSG ;
Referenz BGE:125 V 352; 129 V 323; 132 V 241; 136 III 410;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2010/155

Entscheid Versicherungsgericht, 20.12.2011

Präsident Martin Rutishauser, Versicherungsrichter Joachim Huber und a.o. Versicherungsrichter Christian Zingg; Gerichtsschreiber Walter Schmid

Entscheid vom 20. Dezember 2011

in Sachen A. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Fürsprecher Marco Büchel, LL.M., c/o K & B Rechtsanwälte,

Freudenbergstrasse 24, Postfach 213, 9240 Uzwil,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin, betreffend

Rente Sachverhalt: A.

    1. A. meldete sich im Juli 1999 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an (IV-act. 1). Eine stationäre Abklärung in der Klinik B. ergab gemäss Bericht vom 29. Juli 1999 die Diagnosen eines chronischen Lumbovertebralsyndroms und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Der Versicherte sei in seiner bisherigen Tätigkeit als Maurer nicht mehr arbeitsfähig. Unter Berücksichtigung seiner ergonomischen Leistungsfähigkeit sei er jedoch zu 100% arbeitsfähig (IV-act. 7). Dr. med. C. , Allgemeine Medizin FMH, bescheinigte am

      15. August 1999 eine mindestens 50%ige Arbeitsfähigkeit in leichteren wechselbelastenden Arbeiten (IV-act. 8). Im Bericht der Befas vom 8. Juni 2000 wurde die ganztägige Zumutbarkeit einer den Rücken maximal mittelschwer belastenden Tätigkeit mit einer 80%igen Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Bei körperlich nur gering belastenden Tätigkeiten erscheine auch die Wiedererlangung einer vollen Arbeitsfähigkeit im Rahmen einer beruflichen Wiedereingliederung realisierbar. Aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse und der kaum spürbaren Eigeninitiative könnten keine beruflichen Massnahmen vorgeschlagen werden. Allenfalls könnte die Gewährung einer Einarbeitungszeit bei der Stellensuche hilfreich sein (IV-act. 20). Mit Verfügung vom 7. August 2000 wies die IV-Stelle St. Gallen das Gesuch um berufliche Massnahmen mit der Begründung ab, der Versicherte könne ohne Weiteres ein rentenausschliessendes Einkommen erzielen (IV-act. 26). Diese Verfügung erwuchs in Rechtskraft.

    2. Im Februar 2001 meldete sich der Versicherte erneut zum Leistungsbezug bei der IV an (IV-act. 33). Die IV-Stelle trat mit Verfügung vom 28. Mai 2001 auf das Gesuch nicht ein, da unveränderte Verhältnisse bestehen würden (IV-act. 38).

    3. Im August 2004 stellte der Versicherte einen dritten Leistungsantrag (IV-act. 40). Dr. C. bestätigte im Bericht vom 21. September 2004, dass zusätzlich zum Panvertebralsyndrom eine reaktive Depression eingetreten sei (IV-act. 47). Nach

      Durchführung von Abklärungen beim behandelnden Psychiater Dr. med. D. (IV-act. 50), und einer bisdisziplinären Abklärung durch Dr. med. E. , Spezialarzt FMH Innere Medizin und FMH Physikalische Medizin und Rehabilitation, sowie Dr. med. F. , Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, (IV-act. 60), stellte die IV-Stelle dem Versicherten, ausgehend von einer Arbeitsfähigkeit von 60% ab 14. Februar 2005, im Vorbescheid vom 27. März 2008 die Zusprache einer Viertelsrente in Aussicht (IV-act. 83). Im dagegen erhobenen Einwand vom 18. April 2008 liess der Versicherte die Gewährung eines Leidensabzugs von 20% und die Zusprechung einer halben Rente beantragen (IV-act. 84, 93). Mit Verfügung vom 3. Oktober 2008 sprach die IV-Stelle dem Versicherten eine Viertelsrente zu (IV-act. 97). Nachdem Fürsprecher M. Büchel, LL.M. Oberuzwil, gegen diese Verfügung beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Beschwerde für den Versicherten erhoben hatte (IV-act. 98, 102), widerrief die IV-Stelle die Verfügung am 16. Februar 2009, um weitere Abklärungen zu treffen (IVact. 108). Das Beschwerdeverfahren (IV 2008/461) wurde am 3. März 2009 abgeschrieben.

    4. Nach Durchführung von weiteren Abklärungen medizinischer Art (IV-act. 117, 121) und einer Observation des Beschwerdeführers (IV-act. 120, 122f) stellte die IV-Stelle im Vorbescheid vom 12. Januar 2010 die Abweisung des Rentenanspruchs in Aussicht

(IV-act. 128). Nachdem der Rechtsvertreter dagegen Einwände vorgebracht hatte (IVact. 129), verfügte die IV-Stelle am 17. März 2010 im Sinn des Vorbescheids (IV-act. 131).

B.

    1. Gegen diese Verfügung erhob Fürsprecher Büchel für den Versicherten mit Eingabe vom 19. April 2010 Beschwerde mit den Anträgen, die Verfügung sei aufzuheben und es sei dem Beschwerdeführer rückwirkend ab 1. Oktober 2007 eine ganze Rente auszurichten. Zur Begründung führte er unter anderem aus, gemäss dem psychiatrischen Gutachter sei die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit vorbehältlich der somatischen Situation erfolgt. Diesbezüglich hätte eine Beurteilung des Hausarztes des RAD einbezogen werden müssen. Statt der Konsultation eines Orthopäden Rheumatologen sei eine Observation durchgeführt worden. Sollte aufgrund der Einschätzung des psychiatrischen Gutachters keine Rente gesprochen werden können,

      werde die Einholung eines orthopädischen und rheumatologischen Gutachtens beantragt. Die Beschwerdegegnerin habe den IV-Grad von 0% allein aufgrund des Ermittlungsberichts verfügt. Es sei unmöglich, anhand einer punktuellen Überwachung auf den Gesundheitszustand des Überwachten zu schliessen. Es könne nicht geltend gemacht werden, dass die medizinischen Unterlagen und Gutachten unbrauchbar seien, weil der Beschwerdeführer zweimal seiner Freundin beim Einkaufen behilflich gewesen sei. Weshalb überhaupt eine Überwachung angeordnet worden sei, sei schleierhaft. Eine weitere medizinische Abklärung wäre noch möglich gewesen. Die Überwachung habe offensichtlich bloss auf Misstrauen gegründet und sich nicht auf objektive Verdachtsmomente abgestützt. Es werde deshalb beantragt, den Ermittlungsbericht aus den Akten zu entfernen. Wenn diesem Antrag nicht gefolgt werde, sei davon auszugehen, dass der Ermittlungsbericht der freien Beweiswürdigung unterliege.

    2. In der Beschwerdeantwort vom 11. Juni 2010 beantragte die

      Beschwerdegegnerin

      Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung hielt sie unter anderem fest, dass eine Observation einen geringfügigen Eingriff in die Persönlichkeit darstelle, solange sie im öffentlichen Raum stattfinde. Unter diesen Umständen sei es verfehlt, bei der Verhältnismässigkeitsprüfung im Zusammenhang mit einer Observation einen strengeren Massstab anzulegen als etwa an eine Begutachtung. Aus den angeblichen körperlichen Beschwerden sei durch die Psychiater diagnostisch ein Schmerzsyndrom mit begleitender Depression hergeleitet worden, das schliesslich nicht mehr plausible Ausmasse angenommen habe. Einerseits seien die gutachterlichen Unterlagen geeignet, den Anspruch auf eine ganze Rente zu begründen. Anderseits würden sich die Arbeitsfähigkeitsschätzungen ausschliesslich auf die Darlegungen des Beschwerdeführers stützen, die ihrerseits nicht ohne weiteres glaubwürdig seien. Der psychiatrische Gutachter habe seine Beurteilung denn auch ausdrücklich unter dem Vorbehalt der somatischen Situation gestellt (IV-act. 117). Weder eine somatische Untersuchung noch eine psychiatrische Abklärung hätten aber zu einem brauchbaren Ergebnis führen können. Denn auch eine erneute psychiatrische Exploration hätte sich wieder an den Aussagen des Beschwerdeführers orientieren müssen. Damit sei eine Observation als einzige Abklärungsmöglichkeit geblieben. Es sei kaum denkbar, dass

      ein Mensch, der unter den behaupteten Beschwerden leide, sich in der Öffentlichkeit so bewege wie der Beschwerdeführer. Sein Verhalten sei mit dem behaupteten Schmerzerleben nicht vereinbar. Es sei widersprüchlich, wenn permanente, zwischen stark und "stark-stark" schwankende Schmerzen behauptet würden, und anderseits postuliert werde, es habe keine Aussagekraft, wenn der Beschwerdeführer an den Beobachtungstagen nur gesund habe gesehen werden können. Der behandelnde und der begutachtende Psychiater hätten die Aussagen des Beschwerdeführers unkritisch übernommen. Allein schon dadurch sinke der Beweiswert ihrer Einschätzungen auf Null. Sämtliche psychiatrischen Diagnosen müssten ernsthaft in Frage gestellt werden. Eine erneute psychiatrische Begutachtung sei nicht sinnvoll, da nicht zu erwarten sei, dass der Beschwerdeführer dem Gutachter nun wahrheitsgetreue Angaben machen werde. Der Gutachter wäre gezwungen, die gleiche Arbeit zu machen, wie sie bereits RAD-Arzt Dr. med. I. geleistet habe (IV-act. 121). Es sei auch nicht sinnvoll, den Beschwerdeführer unter Androhung von Säumnisfolgen zu einer korrekten Mitwirkung zu verhalten, da eine solche gar nicht überprüfbar sei. Der Beschwerdeführer habe sich in eine Situation gebracht, in der er vernünftigerweise gar nicht mehr abklärbar sei.

    3. Mit Replik vom 23. August 2010 und einer nachträglichen Eingabe vom 10. September 2010 (act. G 8, 10) sowie Duplik vom 27. September 2010 (act. G 12) bestätigten die Parteien ihre Standpunkte. Am 21. Oktober 2010 reichte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein Zeugnis der Klinik B. vom 15. Oktober 2010 nach (act. G 14).

Erwägungen:

1.

    1. Angefochten ist eine Verfügung, die nach Inkrafttreten der 5. IV-Revision am

      1. Januar 2008 ergangen ist. Mangels einer übergangsrechtlichen Norm rechtfertigt es sich allerdings, für die vor diesem Zeitpunkt massgebenden Verhältnisse (Rentenanspruch mit Anspruchsbeginn und Anmeldung unter altem Recht) die im Folgenden zitierten, bis zum 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Bestimmungen anzuwenden.

    2. Unter Invalidität wird bei im Gesundheitsfall voll erwerbstätigen Personen die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsun fähigkeit verstanden (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 ATSG). Der Grad der für einen allfälligen Rentenanspruch massgebenden Invalidität wird gemäss Art. 16 ATSG durch einen Einkommensvergleich ermittelt, bei dem das Einkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der notwendigen und zumutbaren Eingliederungsmassnahmen bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (zumutbares Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt wird zum Einkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). Nach Art. 28 Abs. 1 IVG besteht der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn der Versicherte mindestens zu 70%, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn er wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrad von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente. - Das Gericht hat den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen und zu prüfen, ob die vorliegenden Beweismittel eine zuverlässige Beurteilung des strittigen Leistungsanspruchs gestatten. Hinsichtlich des Beweiswerts eines Arztberichts ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 125 V 352 Erw. 3a).

    3. Im Entscheid 8C_807/2008 vom 15. Juni 2009 hielt das Bundesgericht in Bezug auf die Observation einer versicherten Person fest, dass damit Tatsachen, die sich im öffentlichen Raum verwirklichten und von jedermann wahrgenommen werden könnten (beispielsweise Gehen, Treppensteigen, Autofahren, Tragen von Lasten Ausüben sportlicher Aktivitäten), systematisch gesammelt und erwahrt werden sollten. Auch wenn die Observation von einer Behörde angeordnet worden sei, verleihe sie den

beobachtenden Personen nicht das Recht, in die Intimsphäre der versicherten Person einzugreifen. Anders als bei einer richterlich angeordneten Observation etwa im Rahmen des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) bleibe zudem der strafrechtliche Schutz der versicherten Person in dem Sinn bestehen, als die Privatdetektive durch die behördliche Anordnung nicht berechtigt würden, strafbare Handlungen zu begehen.

Insbesondere habe sich die beauftragte Person an den durch Art. 179quater StGB

vorgegebenen Rahmen zu halten. Im Unterschied zu einer verdeckten Ermittlung im Sinn des Bundesgesetzes über die verdeckte Ermittlung (BVE; SR 312.8) sei es nicht Sinn und Zweck einer solchen Observation, dass die ermittelnde Person Kontakte zur überwachten Person knüpfe, um so in ihr Umfeld einzudringen (Erw. 4.3 des erwähnten Urteils). Auch wenn sich die Observation einer versicherten Person auf den umrissenen Bereich beschränke, beschlage sowohl deren Anordnung als auch die Verwertung der Ergebnisse den Schutzbereich des Grundrechts des Schutzes der Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV). Dieser Schutz gelte jedoch nicht absolut; vielmehr könnten die Grundrechte gemäss Art. 36 BV eingeschränkt werden, wenn eine gesetzliche Grundlage vorliege (Abs. 1), ein öffentliches Interesse an der Einschränkung bestehe (Abs. 2), die Einschränkung verhältnismässig sei (Abs. 3) und der Kerngehalt der Grundrechte nicht angegriffen werde (Abs. 4). Die Durchführung einer Überwachungsmassnahme setzt im Weiteren voraus, dass der begründete Verdacht auf eine Unrechtmässigkeit vorliegt. Die verdachtsbegründenden Elemente müssen einzelfallbezogen und konkret sein (Ueli Kieser, Überwachung - Eine Auslegung von Art. 44a ATSG [Entwurf], in: hill 2009 Fachartikel Nr. 1, Kap. V, Ziff. 1).

2.

    1. Der behandelnde Psychiater Dr. D. berichtete am 14. Februar 2005, der Beschwerdeführer leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer undifferenzierten Somatisierungsstörung und an einer schizoiden Persönlichkeitsstörung mit dysthymen und hypochondrischen Zügen. In einer leidensadaptierten Tätigkeit bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 50% seit 11. Juni 2004 (IV-act. 50). Die bidisziplinäre Abklärung durch den Internisten und Rheumatologen Dr. E. und den Psychiater Dr. F. ergab gemäss Gutachten vom 7. Mai 2007 die Diagnosen von chronisch-unspezifischen Rückenbeschwerden ohne relevant

      krankheitswertige skelettale Organpathologie, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer akzentuierten Persönlichkeit mit kränkbaren und hypochondrischen Zügen. Rückenbedingt bestehe für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit. Psychiatrischerseits und interdisziplinär betrage die Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit 60% (IV-act. 60). Die RAD-Ärztin Dr. med. G. stimmte diesem Begutachtungsergebnis zu (IV-act. 61). Ein am 15. August 2007 begonnener Arbeitsversuch in der Projekt Werkstatt, Velo-Occasionen & Reparaturen, wurde nach vier Wochen abgebrochen, weil der Beschwerdeführer sich schmerzbedingt nicht in der Lage fühlte, die Tätigkeit auszuführen. Der zuständige Eingliederungsberater schloss daher die Arbeitsvermittlung ab (IV-act. 77, 78). Im Bericht vom 22. November 2008 führte Dr. D. unter anderem aus, der Beschwerdeführer befinde sich bei ihm seit dem 11. Juni 2004 in psychiatrischer Behandlung. Zusätzlich zu den im Bericht vom 14. Februar 2005 festgehaltenen Diagnosen bestünden seit Juli 2006 Panikattacken, die trotz Behandlung zunehmend häufig auftreten würden. Das Gutachten von Dr. F. sei an sich schlüssig und stehe in keinem Widerspruch zu den von ihm (Dr. D. ) genannten Diagnosen. Die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung sei aus seiner Sicht zutreffender als die von Dr. F. bestätigten akzentuierten Züge in der Persönlichkeitsstruktur, denn die Persönlichkeitsstörung trage in erheblichem Ausmass zum gesamten Krankheitsbild dieses Patienten bei. Die von Dr. F. anamnestisch angeführten "Schmerzen in der Herzgegend mit Angst vor einem Herzstillstand", auf welche er (Dr. F. ) aber nicht näher eingehe, würden nach entsprechenden Untersuchungen durch den Hausarzt ein organisches Korrelat ausschliessen. Es handle sich um eine regelrechte Panikstörung mit den dazugehörigen neurovegetativen Symptomen wie Beklemmungsgefühl, Schweissausbruch, Erstickungsgefühl, Hitzewallungen, Schwindel und Zittern vor Angst, dabei sterben zu können. Beim Beschwerdeführer gehe es um eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit mitwirkenden psychischen Komorbiditäten von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer, nämlich eine depressive Störung, therapieresistent trotz konsequent durchgeführter ambulanter Behandlung und eine zugrunde liegende kombinierte Persönlichkeitsstörung sowie ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf mit einem ausgewiesenen sozialen Rückzug in allen Belangen des Lebens. Wegen der Schwere der psychischen

      Erkrankung halte er an seiner Arbeitsfähigkeitsschätzung (50% seit 11. Juni 2004) fest. Die Krankheitsbilder, welche die Arbeitsfähigkeit beeinflussen würden, seien primär psychisch bedingt, weshalb einer somatischen Beurteilung allein (wie der von Dr. E. ) keine grosse Bedeutung beigemessen werden könne. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe sich seit April 2007 deutlich verschlechtert. Trotz Bemühungen sei das Wiedereingliederungsprogramm an seinen Störungen gescheitert; dadurch seien vorhandene Symptome akzentuiert worden. Seit April 2007 betrage die Arbeitsunfähigkeit allein aus psychiatrischer Sicht 70% (IV-act. 103).

    2. Im psychiatrischen Verlaufsgutachten vom 20. April 2009 bestätigte Dr. F. eine

Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands sowie die Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer mittelgradigen depressiven

Episode mit somatischem Syndrom, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung sowie einer Panikstörung. Es habe sich seit dem gescheiterten Wiedereingliederungsversuch im September 2007 eine deutliche Verschlechterung in der psychopathologischen Befundlage ergeben. Medizinisch-theoretisch bestehe eine Restarbeitsfähigkeit von 30% seit Oktober 2007. Es erscheine zum aktuellen Zeitpunkt schwierig, den Beschwerdeführer in eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung zu reintegrieren. Es sei zudem eine Stellungnahme zur Fahreignung einzuholen (IV-act. 117). Im Bericht vom 5. Oktober 2009 kam die von der Beschwerdegegnerin mit einer Überwachung des Beschwerdeführers beauftragte H. AG unter anderem zum Schluss, dass sich der Beschwerdeführer im Alltag ohne erkennbare wesentliche Einschränkung bewege (IVact. 120). RAD-Arzt Dr. med. I. , Facharzt für Arbeitsmedizin, hielt in der Stellungnahme vom 4. November 2009 unter anderem fest, bei Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer gegenüber den medizinischen Gutachtern angegebenen Beschwerden wäre eine von starken Rückenschmerzen geplagte Person zu erwarten, die kaum aus dem Haus komme und sich nur langsam und vorsichtig bewege sowie freudlos, gehemmt und depressiv sei. Dies sei aus dem Ermittlungsbericht nicht ersichtlich. Die während der Ermittlung beobachteten Verhaltensweisen stünden in Widerspruch zu den in den Gutachten bestätigten Einschränkungen. Von einem andauernden und schweren Schmerzgeschehen könne nicht ausgegangen werden. Die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung sei nicht mehr haltbar, und auch diejenige einer depressiven Episode mit somatischem Syndrom sei grundsätzlich in Frage gestellt. Inwiefern die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung allein

für sich genommen eine relevante Arbeitsunfähigkeit begründe, sei unklar. Die Diagnose von Panikattacken vermöge für sich allein keine anhaltende und höhergradige Arbeitsunfähigkeit zu begründen (IV-act. 121). Anlässlich einer Befragung vom 2. Dezember 2009 schilderte der Beschwerdeführer seine gesundheitliche Situation und erklärte unter anderem, er könne schmerzbedingt nicht mehr sitzen nach ca. 30 Minuten. Beim Stehen sei es dasselbe. Er müsse dann eine entlastende (liegende) Position einnehmen. Es gebe keinen Tag ohne Schmerzen. Das Zittern der rechten Hand bestehe auch heute noch. Wenn er einen Gegenstand, z.B. eine Einkaufstasche, hebe, beginne die Hand zu zittern. Auch die eingeschränkte Nackenbeweglichkeit bestehe immer noch. Seit ca. sechs Monaten gehe er auch manchmal aus dem Haus. Der Psychiater habe ihm geholfen. Panikattacken habe er bekommen, wenn Freunde ihn ausgelacht hätten, weil er nichts arbeite. Die Panikattacken seien weniger (häufig) geworden. Im Haushalt helfe er in der Küche (Geschirr). Die anderen Arbeiten habe er nicht gelernt. Er könne einen Einkauf erledigen, aber die Hauptsache erledige seine Freundin. Beim Lenken eines Fahrzeugs fühle er sich sicher. Wenn die Fahrt zu lange dauere, bekomme er starke Schmerzen. Es gebe Tage, an denen die Schmerzen kaum auszuhalten seien und solche, an denen er sehr wohl aus dem Haus gehen könne (IV-act. 122). Der Beschwerdeführer wurde gleichentags mit den Ergebnissen der Überwachung konfrontiert. Er erklärte unter anderem sinngemäss, dass er sich an schmerzfreien Tagen "normal" bewege und an solchen mit Schmerzen "nicht normal". Er habe nicht gelogen und auch niemanden betrogen (IV-act. 123). In einer Aktennotiz hielt der Befrager weitere, anlässlich des Gesprächs vom 2. Dezember 2009 gemachte Beobachtungen betreffend das Verhalten des Beschwerdeführers fest (IV-act. 125). Dr. I. bestätigte in der Stellungnahme vom

11. März 2010 seine früheren Ausführungen sowie seinen Standpunkt, dass die psychiatrischen Diagnosen mit Blick auf die Ergebnisse der Observation nicht mehr haltbar seien. Die attestierte 70%ige Arbeitsunfähigkeit sei zumindest in einer körperlich leichten Tätigkeit nicht mehr zu begründen (IV-act. 130).

3.

    1. Im Rahmen ihrer Pflicht zur Abklärung des Sachverhalts (Art. 43 ATSG) ist die Beschwerdegegnerin grundsätzlich befugt, Personendaten, wie sie unter anderem in Berichten von Überwachungsunternehmen enthalten sind, zu bearbeiten, soweit dies

      für die Beurteilung von Leistungsansprüchen erforderlich ist. Eine Beschränkung auf bestimmte Beweismittel besteht dabei nicht (vgl. BGE 129 V 323 Erw. 3.3.3; BGE 132 V 241). Zu prüfen ist vorliegend jedoch, ob die Überwachung des Beschwerdeführers durch die H. AG zu Recht erfolgt war. Wie jeder Eingriff in ein Grundrecht hat auch die Observation als Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre (Art. 13 der Bundesverfassung [BV; SR 101]) dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu genügen. Das

      hat insbesondere zur Folge, dass die Anordnung einer Observation nur auf begründeten Verdacht hin erfolgen darf (Entscheid des Versicherungsgerichts St. Gallen IV 2008/451 vom 21. Juli 2009, E. 2.2), und dass keine andere, mildere

      Massnahme zur Abklärung dieses Verdachts zur Verfügung stehen darf (Regina AebiMüller/Andreas Eicker/Michel Verde, Grenzen bei der Verfolgung von Versicherungsmissbrauch mittels Observation, in: Gabriela Riemer-Kafka (Hrsg.), Versicherungsmissbrauch, Zürich 2010, S. 41f). Die Observation muss objektiv geboten sein, womit gemeint ist, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, die Zweifel an den geäusserten gesundheitlichen Beschwerden der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit aufkommen lassen. Solche Anhaltspunkte können beispielsweise gegeben sein bei widersprüchlichem Verhalten der versicherten Person, wenn Zweifel an der Redlichkeit derselben bestehen (eventuell durch Angaben und Beobachtungen Dritter), bei Inkonsistenzen anlässlich der medizinischen Untersuchung, Aggravation, Simulation Selbstschädigung u.Ä. (vgl. BGE 136 III 410 E. 4.2.1 mit Verweis auf Dettwiler/Hardegger, Zulässige Video-Überwachung von Suva-Versicherten, HAVE 2003 S. 246ff; zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil des Bundesgerichts vom 11. November 2011, 8C_272/2011, Erw. 5.4.2.1). Zum Überwachungsgrund hielt die Beschwerdegegnerin fest, der somatische Befund beim Beschwerdeführer sei nicht nachvollziehbar gewesen, und es hätten Inkonsistenzen bei der Untersuchung bestanden. Es sei davon auszugehen, dass er die angegebenen Beschwerden überzeichne gar vorspiele. Bei Widerlegung der somatischen Befunde könnte gemäss Gutachten (vgl. IV-act. 117-8/10: Vorbehalt der somatischen Befunde) auch der psychische Befund nicht weiter aufrecht erhalten werden (IV-act. 119-2/6f).

    2. Dazu ist vorweg festzuhalten, dass Verdeutlichungstendenzen, Selbstlimitierung und mangelnde somatische Objektivierbarkeit der geltend gemachten Beschwerden häufig zu beobachten sind, wenn die Diagnosen eines diffusen Schmerzsyndroms und/

      einer Erkrankung aus dem somatoformen Kreis im Raum stehen. Bei der geschilderten Aktenlage fehlt es an konkreten Indizien, welche den Verdacht auf Versicherungsmissbrauch begründet und die Anordnung einer Observation als nicht unerheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre gerechtfertigt hätten; zumindest sind solche konkreten Indizien nicht ersichtlich. Sodann ist davon auszugehen, dass die beteiligten Ärzte (Psychiater) ohne Weiteres in der Lage gewesen wären, solche Indizien festzustellen und darauf hinzuweisen. Es besteht deshalb keinerlei Anlass zur Annahme, die Mediziner hätten nicht auch die Arbeitsfähigkeit unter Ausklammerung der versicherungsmedizinisch unbeachtlichen Anteile einschätzen können. Selbst wenn vorliegend von einer Verdeutlichungstendenz und einer Selbstlimitierung auszugehen wäre, könnte darin jedenfalls nicht bereits ein hinreichend begründeter Verdacht auf Versicherungsmissbrauch erblickt werden (vgl. dazu auch L. Müller, Observation von IV-Versicherten: Wenn der Zweck die Mittel heiligt, in: Jusletter vom 19. Dezember 2011, S. 16). Die Anordnung der Observation war deshalb unbegründet.

    3. Es stellt sich auch die Frage, ob die durchgeführte Observation geeignet und erforderlich für die Anspruchsabklärung war. Die Beschwerdegegnerin beruft sich auf die Feststellung im Gutachten F. vom 20. April 2009, wonach die dort dargelegte Einschätzung zur Arbeitsfähigkeit vorbehältlich der somatischen Situation hinsichtlich des Schmerzgeschehens erfolgt sei und ein ergänzender hausärztlicher Bericht zur aktuellen Situation angeregt werde (IV-act. 117-8/10). Der psychiatrische Gutachter wollte hiermit jedoch seine Arbeitsfähigkeitsschätzung nicht grundsätzlich von der somatischen Situation abhängig machen, sondern lediglich eine weitergehende Arbeitsunfähigkeit aus somatischen Gründen vorbehalten und abklären lassen. Aufgrund der Akten kann als erstellt gelten, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Rücken-/ Nackenbeschwerden allein für leichte bis mittelschwere Arbeiten uneingeschränkt arbeitsfähig ist (IV-act. 60). Eine zwischenzeitliche Verschlechterung des Gesundheitszustands in somatischer Hinsicht (Rücken) wird weder geltend gemacht noch ist eine solche aus den Akten ersichtlich. Dr. C. vermerkte im Bericht vom 16. August 2010 einzig, dass sich der Beschwerdeführer zur Therapie in der Klinik B. aufhalte und er (der Arzt) mit der Rentenablehnung nicht einverstanden sei (act. G 8.1). Gemäss dem vorläufigen Austrittsbericht der Klinik B. vom 4. September 2010 besteht beim Beschwerdeführer eine mindestens 50%ige Arbeitsfähigkeit für eine

      leichte, wechselbelastende Tätigkeit. Eine eigentliche gesundheitliche (somatische) Verschlechterung ergibt sich auch aus diesem Bericht nicht. Eine nochmalige rheumatologisch-orthopädische Untersuchung drängt sich vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht auf. Zu beachten ist hier auch die Feststellung von Dr. D. , wonach der somatischen Beurteilung allein keine allzu grosse Bedeutung beigemessen werden könne, weil die Krankheitsbilder mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit primär psychisch bedingt seien (IV-act. 103). Nun können zwar mit einer Überwachung unter Umständen die Auswirkungen des somatischen Gesundheitsschadens auf die Körperbewegungen zum Ausdruck gebracht werden. Seelische Vorgänge bleiben jedoch im Wesentlichen im Verborgenen. Eine Observation ist somit für die Abklärung der Erwerbsfähigkeit bei Vorliegen von psychischen Gesundheitsproblemen in aller Regel nicht hilfreich. Damit erweist sich die Observation aus diesem Grund auch als nicht verhältnismässig (vgl. auch Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 12. Juli 2011, IV 2011.00177, E. 4.4).

    4. Der Beschwerdeführer stand bei Dr. D. seit 11. Juni 2004 - und damit langjährig in Behandlung. Der behandelnde Psychiater begründete ausführlich, dass aus seiner Sicht verschiedene Punkte (im Bericht vom 22. November 2008 angeführt) für eine kombinierte Persönlichkeitsstörung sprechen würden und die Persönlichkeitsstörung in erheblichem Ausmass zum gesamten Krankheitsbild beitrage. Zudem bejahte er im Zusammenhang mit der somatoformen Schmerzstörung eine psychiatrische Komorbidität von erheblicher Ausprägung und Dauer sowie weitere diesbezüglich massgebende Kriterien (IV-act. 103). Der Gutachter Dr. F. schloss sich dieser Beurteilung im Ergebnis an (IV-act. 117). Der Arbeitsmediziner Dr. I. räumte ein, dass die Frage der Arbeitsfähigkeitseinschränkung aufgrund der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung unklar sei, erachtete jedoch die übrigen psychiatrischen Diagnosen als nicht haltbar (IV-act. 121). Abgesehen davon, dass der Arzt mit dieser Beurteilung sein angestammtes medizinisches Fachgebiet verlässt, vertritt er die Auffassung, dass die Auswirkungen der Persönlichkeitsstörung auf die Arbeitsfähigkeit nicht geklärt seien. Ausgehend von dieser Feststellung hätte sich der Klärungsbedarf nicht nur auf die Diagnose der Persönlichkeitsstörung, sondern auch auf die weiteren psychiatrischen Diagnosen bezogen. Die Beschwerdegegnerin wäre bei Vorliegen von Zweifeln hinsichtlich der Aussagekraft der medizinischpsychiatrischen Berichte mit Blick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip gemäss Art. 5

Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV gehalten gewesen, diesen Mangel zunächst durch entsprechende Rückfrage an die Gutachter zu beheben zu versuchen (Müller, a.a.O., S. 16f). Hierbei wäre auch die Frage der zwischenzeitlichen Verschlechterung des psychiatrischen Gesundheitsschadens (vgl. IV-act. 103, 117) zu prüfen gewesen. Hätte die entsprechende Antwort die Bemessung des Invaliditätsgrades noch nicht erlaubt, wäre eine weitere medizinische Abklärung in Betracht zu ziehen gewesen. Erst wenn klar gewesen wäre, dass von medizinischer Seite keinerlei weitere Erkenntnisse zur Klärung offener Fragen (Zweifel an der medizinischen Begutachtung) zu erwarten gewesen wären, hätte die Anordnung einer Observation geprüft werden können. Die angeordnete Observation war demnach auch aus diesem Grund unverhältnismässig. Die weiteren Voraussetzungen für die beweismässige Verwertbarkeit des Observationsberichts (vgl. dazu das erwähnte Urteil des Bundesgerichts 8C_272/2011) brauchen unter den dargelegten Umständen nicht näher geklärt zu werden. Immerhin ist festzuhalten, dass das dem Beschwerdeführer anlässlich der Präsentation des Observationsergebnisses gemachte Vergleichsangebot (Anerkennung des Nichtvorliegens einer rentenbegründenden Einschränkung, im Gegenzug Verzicht auf weitere Forderungen und Strafanzeige; IV-act. 123-3/4) von der Vorgehensweise her und auch rechtlich ziemlich problematisch erscheint.

4.

    1. Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde in dem Sinn gutzuheissen, dass die Verfügung vom 17. März 2010 aufgehoben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung des Rentenanspruchs, gegebenenfalls zu weiteren Abklärungen, sowie zur neuen Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen ist. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis

      Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.--

      erscheint angemessen. Mit Blick auf das Obsiegen des Beschwerdeführers hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.

    2. Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende beschwerdeführende Partei

Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Ausgehend von einer "mittleren"

Pauschalentschädigung bei vollem Obsiegen von Fr. 3'500.-erscheint die Zusprechung einer Parteientschädigung in dieser Höhe (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) angemessen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:

  1. Die Beschwerde wird unter Aufhebung der Verfügung vom 17. März 2010 in dem Sinn teilweise gutgeheissen, dass die Angelegenheit zur Neubeurteilung des Rentenanspruchs, gegebenenfalls zu weiteren Abklärungen, sowie zur neuen Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen wird.

  2. Die Beschwerdegegnerin hat eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.

  3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer mit Fr. 3'500.-zu

entschädigen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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